"Aber die Überzeugung, dass das Ausleben von Gefühlen die Neigung zu Aggressionen mindert, hält sich weiter hartnäckig", sagt Leo Montada, Professor für Psychologie an der Universität Trier. Ein berühmter Verfechter des Gedankens, seine Wut heraus zu lassen sei gut, war Sigmund Freud, der Begründer der Triebtheorie. Der österreichische Arzt und Vater der Psychoanalyse ging dabei von einem angeborenen Aggressionstrieb aus. Wenn dieser immer wieder unterdrückt wird, seien seelische Störungen die Folge.
"Unsinn", sagt der Psychologe Karl Landscheidt aus Oberhausen. "Natürlich ist Wut eine emotionale Reaktion auf bestimmte Umstände. Aber die Vorstellung, es sei ungesund, Wut zu unterdrücken, ist schlicht falsch." Grundsätzlich gilt: "Ob man auf etwas wütend reagiert, hängt davon ab, wie die Sache bewertet wird", erläutert die Psychologin und Unternehmensberaterin Peri Kholghi aus dem hessischen Bensheim.
Und Psychologe Landscheidt ergänzt: Bei Wut wird dem Gegenüber häufig eine böse Absicht unterstellt. Und daher kann Wut sofort verschwinden, wenn dieser Grund plötzlich nicht mehr greift. "Stellen Sie sich vor, Ihnen fährt auf der Autobahn ein Sechser-BMW dicht auf. Das macht Sie wütend. Plötzlich sehen Sie, dass das ein Arzt im Einsatz ist und der BMW es aus diesem Grund eilig hat: Die Wut ist dann von der einen zur anderen Sekunde weg." |
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